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Y - Chorea Huntington

Ein lächerliches Drama in fünf Akten und drei Intermezzi

Die Protagonisten:
Eine weibliche Person, in weiterem Verlauf "sie" genannt.
Eine männliche Person, in weiterem Verlauf "er" genannt.
Eine männliche Person, tatsächlich fähiger Psychoanalytiker, guter Bekannter von er; im weiteren Verlauf "Doc" genannt.

Das Setting:
Eine vormals quasi paardyadische Interaktion in der Storming- und Normingphase. Entstehendes Beziehungsgeflecht mit tendentiell sich herausprägender Verbindlichkeit.
Dann ein Ereignis (2. Akt). Danach, eine wie auch immer geartete dyadische Interaktion zwischen ihm und ihr. Jegliche Form der Verpflichtung seitens ihm aufgekündigt.

Im Kopf von ihm die explizierte Ansage, daß alles was sie tut aus eigenem Antrieb geschieht, zwar nicht zurückgewiesen wird, aber in keiner Weise irgend eine Form von Verpflichtung oder Gegenanspruch konstituiert.
Ihre offizielle Ansage, daß dem genau so sei.

Im Kopf von ihr der, bereits zu Anfang der Interaktion vermeintlich geschlossene "Handel" - ihrer Ansicht nach - bereit sein für ihn alles - egal wie absonderlich oder abscheulich oder unbegreiflich es sein mag - tun zu wollen. Ganz und gar "seines" zu sein. Im Gegenzug ist er natürlich auch "ihres".


Erster Akt:
Sie hat ihm einst ein "dunkles Geheimnis" anvertraut. Aus einer früheren Verbindung, die ihr jedoch bei weitem nicht so viel bedeutet habe wie die jetzige zwischen ihm und ihr. Ein Geheimnis, nichts wirklich schreckliches, eher unrühmlich. Durchaus bedeutungsschwer, entsprechend seiner Ansicht jedoch Vergangenheit und damit lässlich. Einerseits keine leichte Kost, andererseits Schnee von gestern; heute ist heute.

Zweiter Akt:
Er ist willens und dabei, sie in seinen Freundeskreis einzuführen und als Beziehungssubjekt zu etablieren.
Dies ist nicht ganz einfach, denn im Vorfeld kam es zu Ereignissen und Vorkommnissen, welche den Freundeskreis zumindest leicht skeptisch voreingenommen gestimmt hat.
Ein Großereignis, welches sich aus mehreren Episoden zusammensetzt ist der Hintergrund. Seine Ansage:
"Zeige dich für ein paar Stunden von deiner besten Seite, reiß dich zusammen, dann werden dich alle mögen und dann gehörst du dazu und wirst immer mit dabei sein können."

Es geht daneben. Noch Monate später rollen selbst die Duldsamsten unter den Freunden verdrossen die Augen.

Intermezzo:
Er will die Sache beenden, denn das war nicht das erste Vorkommnis.
Sie will alles daran setzen, daß es weitergeht.
Seine Bedingungen sind klar formuliert: sie wird bei keiner Gelegenheit dabei sein, in der sie ihn brüskieren oder in Verlegenheit bringen könnte.
Es wird keinen weiteren Versuch mehr geben, sie in den Freundeskreis zu integrieren.
Aktivitäten, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, auf seine Freunde zu treffen, werden ohne sie stattfinden.
Es gibt "sie" und "die Anderen", aber nie zur gleichen Zeit am gleichen Ort.
Aus gegebenem Anlaß wird es keine Informationen "privater" Natur geben.
Er ist nicht mehr bereit sich oder seine Entscheidungen zu erklären.
Er ist nicht mehr bereit Rücksicht auf sie zu nehmen oder ihre Anliegen zu berücksichtigen, sofern das mit irgendeinem Aufwand verbunden ist.
Er geht seinen Weg, sie kann gerne mitgehen, gelegentlich schaut er sich auch um, ob sie noch da sei. Wenn ja, wird er sich darüber freuen, wenn nicht, wird er sich nicht grämen sondern einfach weitergehen.
Trotz fortbestehender positiver, tiefgehender emotionaler Hinwendung seinerseits hat sie weder Anspruch noch legitime Erwartungshaltung darauf, weiterhin Bedeutsamkeit oder Handlungsrelevanz zu besitzen.
Sie nimmt diese Bedingungen an. Erklärt, sie würde noch viel mehr auf sich nehmen um ihn nicht zu verlieren. Sie sei ganz und gar sein. Völlig und absolut. Unbeendbar.
Er versichert ihr, es besser zu wissen.

Dritter Akt:
Zeit vergeht. Er ist zwar, aber in letzter Konsequenz nicht so hart und rücksichtslos wie er es angekündigt hat.
Dies erweist sich als Fehler.


Zweites Intermezzo:
Seine Grundaussage: "du hast von mir nichts zu erwarten; du bekommst auch nichts, und wenn doch, hüte dich davor daraus auch nur den geringsten Anspruch oder Hoffnung daraus abzuleiten."
Sie meint vermutlich, den Handel etablieren zu können.
Wenn genug "Buße" getan ist, wird schon wieder alles wie früher.


Vierter Akt:
Sie erzählt ihm unter Tränen noch ein "dunkles Geheimnis" aus der Zeit; wesentlich bedeutsamer, schlimmer. Ihren eigenen Worten nach schändlich.
Er ist nicht gerade prüde. Ganz im Gegenteil. Normdeviation und Freidenkertum sind ihm lieb und seine Natur. Er kann schon einiges Vertragen. Doch auch er hat ein - wenngleich eben in manchen Bereichen normdeviantes - moralisches Koordinatensystem.
Und in diesem, seinem Koordinatensystem ist ihr "dunkles Geheimnis" zumindest in seiner Ausprägung und Bedeutung sehr nahe an dem, was Marlon Brando in einer Szene von "Letzter Tango in Paris" zu Maria Schneider sagt: "Ich werd ein Schwein besorgen, und ich werde dich von dem Schwein ficken lassen. Ich will, dass dir das Schwein ins Gesicht kotzt und dass du das Ausgekotzte runterschluckst. [...]
Das Dilemma: Eigentlich ist auch das Schnee von gestern. Er könnte es durchaus wegstecken, denn vorbei ist vorbei und heute ist heute. Es besteht eine ernstzunehmende, tiefgehende emotionale Hinwendungsreaktion zu ihr.
Und das bohrende, nagende Bewußtsein, daß sie für einen Anderen wesentlich anspruchsvollere, schwerwiegendere, entwürdigendere Dinge hat tun können, als sich für ein paar Stunden im Umgang mit anderen Menschen so zu geben, daß er nicht sein Gesicht verliert, gute Freunde - aus der sich in der Situation seines Erachtens zwingend ihr gegenüber zu leistenden Loyalität - vor den Kopf stößt oder sich lächerlich macht. Und nachdem dies so tragisch schief gelaufen ist, will er den Teil des Lebens, aus dem sie sich ausgeschlossen hat führen können, ohne mit ihr darum kämpfen zu müssen. Nicht einmal es ihr zu erklären oder überhaupt zu erwähnen, denn daß es über kurz oder lang zu nichts Gutem führt, ist quasi eine Gesetzmäßigkeit.
Er hat nicht nach Verwerflichkeiten in der Kategorie "friss verwurmte Hundehaufen" oder "lass dich von einem ungewaschenen Obdachlosen bespringen" verlangt; lediglich ein wenig Normalität und Zugehörigkeit.
Damit hätte sich ergeben, daß sie bei einer Vielzahl von Aktivitäten gern gesehener Bestandteil einer Gruppe geworden wäre. Gelegenheiten für gemeinsam verbrachte Zeit und gemeinsame Erlebnisse hätten sich aufgetan, hätten genutzt werden können.
Zu viel verlangt? Im Vergleich zu anderen Daten im Koordinatensystem, gesichert nein.
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Jedes Ereignis für sich ist irgendwie hinnehmbar. Möglich zu verarbeiten, in eine Schublade zu stecken und zu vergessen. Da hat er schon Schlimmeres gehört, erlebt, mitgemacht, verdrängt.
In Kombination aber sind alle Begebenheiten unerträglich. Gehen über den flüchtigen Trotz einer narzistischen Kränkung, die sich im Fluß der Zeit verliert weit hinaus.

Drittes Intermezzo:
Die Zeit vergeht.
Irgendwann beklagt sie sich, er würde sie nicht genügend an seinem Leben teilhaben lassen.
Er denkt an einen Leitspruch aus seiner Ausbildung: "Der Mensch ist ein System des langsamen Lernens und des schnellen Vergessens." Und er denkt: "Warum wusste ich, daß es genau so kommen wird?"
Ein Gedanke begleitet ihn immer, während er im gelegentlich vorkommenden Alltagsumgang beobachten kann und demonstriert bekommt, daß die großen Reden, herzzerreißenden Beteuerungen und umfänglichen Versicherungen kaum mehr waren als die Lippenbekenntnisse, für die er sie auch gehalten hat. Der Gedanke: "... für Andere konnte sie noch ganz andere Dinge klaglos stemmen, aber mir kann sie die Fresse für jeden Scheiß ziehen und hysterische werden....".

Fünfter Akt:
Das Ganze lässt ihn nicht mehr los.
Er kann aber auch mit niemandem darüber reden, denn "Geheimnisse" sind ihm heilig.
Das Dilemma ist perfekt:
Was soll er mit den Informationen, die sie ihm im Vertrauen auf sein Verständnis und seinen Großmut gegeben hat machen? Er möchte dieses Vertrauen nicht gegen sie kehren. Die Gestalt des Ganzen, die Synthese des gesamten Wissens macht ihn jedoch zornig, enttäuscht und zerreisst ihn fast.
Der Doc ist der Ausweg. Er hat volles Vertrauen zum Doc, weil er dessen Fähigkeiten kennt und seine Kompetenz schätzt. Der Doc hat den nötigen Abstand und den professionellen Blick um die leidenschaftslos-sachliche Einschätzung abzugeben, die "er" als Hauptbeteiligter nicht haben kann.
Er erzählt dem Doc die ganze Geschichte. Der Doc gibt eine sehr interessante und erschütternde Interpretation ab:
"Sie haben nicht zu viel von ihr verlangt. Ganz und gar nicht. Im Vergleich zu dem was sie mir erzählt haben, was sie ihnen erzählte, was sie für den Anderen so tat - sofern das stimmt - haben sie lächerlich wenig gefordert.
Die Sache ist: das war es ihr einfach nicht wert, nicht zu versagen. Sie hatte kein Interesse daran, ihren Anforderungen gerecht zu werden, und deswegen hat sie es nicht gemacht.
"
Er zeigt Verwirrung. Der Doc erläutert: "... hätte sie sich in den Situationen einigermaßen bewährt, was wäre geschehen? So wie sie sagten, wäre sie in die Gruppe ihrer Freunde integriert worden. Sie hätte quasi überall mit dabei sein können. Darauf hatte sie einfach keinen Bock, denn das hätte bedeutet, vermehrt in Situationen zu sein, in denen sie keine Macht über sie hat oder wenigstens versuchen kann auszuüben. So lange sie zwischen ihr und anderen entscheiden müssen und sie ihnen, egal wie subtil vermitteln kann, daß sie ihr damit weh tun und sie zurücksetzen, werden sie sich immer auf irgend eine Weise ein Gewissen darum machen; sie wird ihr Handeln immer in irgend einer Weise beeinflussen, und wenn es nur ist, dass sie den Abend mit den anderen nicht so genießen, wie sie es sonst würden. Topping from the bottom sollte gerade ihnen nun doch ein Begriff sein.
Selbst das "dunkle Geheimnis" erfüllt diesen Zweck. Sie können nichts anderes tun außer das Wissen hinzunehmen oder es zu ignorieren. Sie sind besessen von dem Umstand, daß "sie" für einen vermeintlichen "Niemand" mehr auf sich genommen hat als für den "Jemand", dem sie sich absolut hingeben, dem sie sich verschreiben und gehören möchte; besessen von der Gesamtsituation und damit von ihr. Besessen kommt von besitzen.
Jede mögliche negative Konsequenz die sie ableiten macht sie "zum Bösen", der "sie" für ihr Vertrauen und ihre Offenheit bestraft. Eine ziemlich mächtige Position, egal was passiert jederzeit das Opfer des verständnislosen Bösewichtes sein zu können, der einen für längst vergangene Verfehlungen ungerecht behandelt und dem man sich aus diesem Grund nicht anvertrauen kann. Wie sie sich damit fühlen oder welche Implikationen für sie damit verbunden sind, ist einzig ihr Problem und ihr Leid; aber darauf schaut keiner, denn die Rollen sind ja klar verteilt.
Ob sie das bewußt macht oder instinktiv und unbewußt, ist dabei nur von untergeordneter praktischer Bedeutung. Sie wollen natürlich an "sie" glauben, das Tun und dessen Ergebnisse können sie sich aber nicht schöndenken."
"

Der Doc gibt ihm, so wie es seine Art ist, keine guten Ratschläge oder Handlungsalternativen. Er muss damit schon alleine klar kommen.
Letztlich hat diese neue, in ihrer Logik bestechende, klare und recht zutreffende Perspektive kein Hilfepotential. Im Gegenteil, macht das Ganze nur noch schlimmer.
Er ist weiterhin zornig, enttäuscht, ratlos.

Der Vorhang fällt.
Der Theaterkritiker meint: Was für ein Scheißstück.
Recht hat er.

...bis die Welle bricht.
K. fürs Gefühl, N. für die Libido, B. ... einfach so; S. vielleicht auch noch, damit es nicht zu einfach ist.

Oh, wenn die Welle bricht könnte sie mich zerbrechen.

Na und?

Man bereut im Leben nicht das am meisten, was man gemacht hat, sondern immer das, was man nicht gemacht hat. Bronnie Ware: Was Menschen bereuen, wenn sie sterben

Früher hätte ich eine angeregte Diskussion mit diesen Personen geführt. Ich hätte versucht, ihnen Sachverhalte zu erklären, Umstände und Zusammenhänge zu erläutern.
Wie z.B. dass stabil nachzuweisen ist, dass Seuchen und Infektionen gegen die geimpft werden kann rapide zurückgehen und ihre Prävalenz extrem niedrig ist, solange die Menschen die Impfungen auch wahrnehmen.
Manche Idee oder Einstellung kommt einfach durch nicht genügend Information, mangelndes Verständnis oder fehlgehende Interpretation der Information zustande.
Dem könnte man abhelfen. Aber, wozu? Die Prämisse von Petty & Cacioppo, dass Menschen bestrebt sind, korrekte Einstellungen zu haben und bereit sind, bei ausreichender Informationslage und –güte ihre Einstellung entsprechend der Faktenlage zu ändern, trifft – höchstens- auf einen kleinen Teil der Bevölkerung zu.
Der Rest? Glaubt was er glauben will. Glaubt, was ihm in den Kram passt, was der dumme Kopf sich zusammenschwadroniert, was die Teekanne morgens als Eingebung flüsterte oder das Ergebnis von Gärvorgängen in der Schädelhöhle zu Tage brachte.
Die vielen idiotischen Argumente gegen Impfungen, das Schüren von Ängsten welche Unwissenheit oder gequirltem Halbwissen entspringen, gerade genug, um die Contra-Argumente zu rezipieren, aber nicht genug um sie qualifiziert falsifizieren oder die Pro-Argumente validieren zu können.
Früher hätte ich versucht, erklärt…. Aber, wozu?
Mittlerweile ist mir sowas generell ziemlich egal, und nur noch in sehr spezifischen Fällen, die mir besonders am Herzen liegen, mache ich mir manchmal noch diese Mühe.
Ansonsten verfolge ich interessiert und gelegentlich belustigt den Diskurs, freue mich an meinem fast rundum-Impfschutz seit frühester Kindheit und denke bei mir: Bla…bla…bla… glaubt einfach an eure bunten Heilsteine und verreckt doch endlich.
Was die Schwachköpfe dann auch gerne mal tun.
Good riddens to stupid human trash.

Tief im Verborgenen lebt sie weiter... die Erinnerung an eine Zeit... vor dem Schmerz. V. Sassenberg: "Auf den Winter folgt der Herbst..."

Was ist der Mensch,
Wenn seiner Zeit Gewinn, sein höchstes Gut
Nur Schlaf und Essen ist? Ein Vieh, nichts weiter.
Gewiß, der uns mit solcher Denkkraft schuf,
Voraus zu schaun und rückwärts, gab uns nicht
Die Fähigkeit und göttliche Vernunft,
Daß ungebraucht sie in uns schimmle.


schaedelHeute Früh, von 0:50 Uhr bis 4:40 Uhr kam die glänzende Hamlet-Verfilmung von Kenneth Branagh.
Das letzte Mal, dass ich Shakespeare im Theater gesehen habe ist mindestens 15 Jahre her. Macbeth. Im Großen Haus in Stuttgart.
Hat sich nicht gelohnt. Selbst ein Name wie David Bennet konnte daran nichts ändern. Verzweifelte "Aufmodernisierung" eines Stückes, dass keiner Modernisierung bedarf. Keines der Stücke von S. bedarf der ungelenken Hand des Zeitgeistes. Die Guten werden dadurch nicht besser, die weniger guten auch nicht.

Es war ein echter Genuß, wieder feststellen zu müssen, wie viele zeitlos treffende Aussagen, an denen sich dem Grunde nach bis heute nichts geändert hat, der alte Volksbühnenautor doch zu treffen wusste. Vieles können wohl Viele auf ihr Sein übertragen.
Mir gelingt es mit Leichtigkeit. Diese Stücke können mir tatsächlich was geben.
Vermutlich einer der Gründe, warum ich mit neonfarbenbeschmierten Nackten, die dadaistisches theaterZwiegestammel mit einer Teekanne führen, nichts anzufangen weiß. Aber lieber gehöre ich zu den bekennenden Banausen, für die "verständliches Theater" nach Beckett endet, als zu den pseudointellektuellen Kulturkaspern, die selbst noch aus "Hurz!!!" verzeifelt Weltweisheit abringen wollen.

 

twoday.net AGB

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